Reisebericht Segeltörn Korsika/Elba

08.04.2016 – 23.04.2016; Position 42°N 9°E

Hotel Fattoria Belvedere

1. Tag

Nach einer langen Fahrt, die um 0400 für mich begann, gelangten wir in ein Hotel in der Nähe des Ausgangshafens, um den Tag der Bootsübernahme und Törnvorbereitung etwas zu entlasten.
Für einen unschlagbaren Preis logierten wir in einem ehemaligen Gehöft auf einem toskanischen Hügel. Entsprechend der Jahreszeit war hier wenig los. Das Personal war super freundlich, die Zimmer sogar für deutsche Verhältnisse sauber. Die schöne bulgarische Kunsthistorikerin Nedelina jobbte hier unter anderem als Barkeeperin und machte mir einen großzügigen Caipi.
Das Essen war gut und im Anschluss fiel ich auch schon ins Bett. Die Betten waren sehr bequem, die Wände dick.
Wer sich die Schätze der Toskana einmal ansehen möchte, dem sei dies Hotel „Fattoria Belvedere“ empfohlen 🙂

From each harbour the seduction of new challenges. From every sea the joy of new freedom.

2. Tag

Extrastarker Caipi und Übermüdung taten am Vortag ihr Übriges und am Folgetag hatte ich doch leichte Startschwierigkeiten. Ein sehr üppiges Frühstück verhalf mir aber gut in den Tag.
Die Schiffsübernahme war unproblematisch und das Alter von 13 Jahren sah man dem Schiff, der Afrodite, einer Jeanneau Sun Odyssey 43, beim besten Willen nicht an. Auch hier hatten wir wieder Glück. Den Hafen (Marina di Scarlino) hatten wir fast für uns.
Ich lag wieder in der Stockbettkoje und da wir eine Person weniger bei uns hatten, als geplant, hatte ich das Glück, die Koje für mich allein zu haben.
Nach langen Vorbereitungen wollten wir noch zu Abend essen. Die ersten beiden Restaurants waren allerdings offensichtlich nicht auf einfache Segler vorbereitet und so fanden wir eine sehr zuvorkommende Pizzeria, die uns trotz Überfüllung noch Pizzen zum Mitnehmen machten.
Der Abend klang entspannt aus und die bisherigen Wolken hatten sich nun auch schon großteils verzogen.

Sonnenuntergang Korsika

3. Tag

Highlights. Nur Highlights. Wir legten ab gegen den Wind mit Motor. Nicht ganz optimal, sparte aber viel Weg und Zeit.
Ausgehend vom Ausgangshafen passierten wir Elba und konnten schon Rückenflossen aus dem Wasser ragen sehen. Delphine? Offensichtlich waren mehrere Gruppen unterwegs. Einer zeigte sich sogar mit einem Sprung aus dem Wasser. Delphine!
Der Tag war wunderschön. Es folgte ein traumhafter Sonnenuntergang und ein ebensolcher Mondaufgang, während wir weitere Inseln und das Cap Corse passierten.

Cap Corse

Der Himmel wurde dunkler. Die weitere Fahrt führte durch die Nacht. Der Skipper wies auf das blaue Seeleuchten auf, das hinter uns ab und zu zu sehen war.
Der Wellengang nahm zu. Ich ging während der nächsten Stunden mit meinem Mageninhalt „Fische füttern“. Mein Körper war in Geberlaune, bis ich mich dadurch bedingt in meine Koje begab. Übrigens: selten habe ich besser geschlafen als in dieser Koje.
Netterweise wurde ich kurz vorm einlaufen wieder geweckt. Die korsische Küste war gut durch viele Lichter zu sehen. Gegen 0500 liefen wir im malerischen Hafen von Calvi ein.

Calvi
Bucht von Calvi

4. Tag

Heute stand ein Landausflug in die Berge Korsikas bevor. Wir fuhren mit Mietwägen dir kurvigen engen Straßen hinauf zu verschiedenen Aussichtspunkten. Wir hatten das Glück gepachtet, denn wir waren Zeugen einer militärischen Fallschirmspringerübung, welche sich über der Küste etwas niedriger als unserer Position vollzog. Mehrfach setzte das Flugzeug an und dahinter entfalteten sich die Fallschirme, die die Soldaten zum Erdboden bringen sollten.
Zwischendurch besuchten wir einem romantischen kleinen Ort und stoppen zum Abend in der [Osteria u Mulinu].
Joseph, der urkorsische Wirt betrieb eine großartige Gästeunterhaltung mit scharfen Schüssen aus einer Flinte aus dem Fenster, woraufhin sein Küchenjunge mit den Köpfen gerade vermeintlich geschossenen Wildschweinen aus der Küche trat. Es folgten viele weitere unterhaltsame Albernheiten. Durch eine langjährige Freundschaft mit dem Skipper bekamen wir den Abend eine Exklusivsitzung.
Die Mahlzeiten waren nicht wählbar, aber das war auch nicht notwendig. Wildschwein in verschiedenen Arten zubereitet und den besten Käse, den ich je essen durfte, sowie Wasser aus der eigenen Quelle. Alles, was er verwendete kam aus der Region, vieles davon produzierte er selbst.

Golfe de Girolata
Girolata
Girolata

5. Tag

Wir besuchten noch die Zitadelle von Calvi, bevor wir ablegten. Heute sollte das Segeltraining intensiver werden. Allerdings war die Rechnung ohne Wind gemacht, denn der trug uns bloß einen Knoten schnell über das Wasser. Ein paar Übungen führten wir durch, bevor wir weiter motorten und in einer kleinen Bucht mit der winzigen Ortschaft Girolata an einer Boje anlegten. Probleme mit der Seekrankheit hatte ich leider noch, aber ich legte mich zeitig in die Koje.
Es war übrigens zu bemerken, dass die Besatzung fast ausschließlich hessisch war. Die Zwischenmahlzeiten hatten häufig eine starke Komponente aus Fettebrot und/oder roter Worschd.

Sonnen-Halo

6. Tag

Der Tag begann recht früh und bald verließen wir die Bucht um weiter nach Süden zu reisen. Anfangs nun unter Segel, später wieder unter Motor. Erstmals schöpfte ich die Hoffnung, die Reisekrankheit für dieses Mal hinter mir zu lassen. Und so blieb es auch für diesen Tag.
Recht unspektakulär erreichten wir am Abend den Hafen von Propriano. Morgen wollen wir die Straße von Bonifacio erreichen.

Bonifacio

7. Tag

Heute weht der Wind gut. Bei 4Bft Kreuzen wir gegen den Wind aus dem Golf heraus und sehen kurze Zeit später in der Ferne schon die Silhouette Sardiniens am Horizont.
Ein Behördenschiff nähert sich uns bald und nimmt uns näher in Augenschein. Offensichtlich erkennen sie uns als unbedenklich an, denn nach einer Umrundung ziehen sie wieder ab.
Mit der Zeit lässt der Wind nach und am Ende des Tages erreichen wir Bonifacio.

Küste vor dem Golf von Porto Vecchio

8. Tag

Der heutige Landgang überzeugte voll von der Schönheit Bonifacios. Mit vielen einzigartigen Aussichtspunkten und baulichen Besonderheiten hat die Stadt viel zu bieten.
Am frühen Nachmittag liefen wir aus um die Enge zwischen Korsika und Sardinien zu passieren. Kaum auf der Ostseite Korsikas wieder angekommen, haben wir auch gleich mehrere Delphinsichtungen. Die Letzte während unseres Ankermanövers im Golf de Porto Vecchio.
Für ein Boot vor Anker ist auch eine Ankerwache erforderlich.
Ich tue meinen Dienst zwischen 0500 und 0730.

9. Tag

Es ist 0500 und meine Wache beginnt. Ich prüfe regelmäßig den Standort des Bootes. Der Anker hält gut. Es ist dunkel und ich bin allein an Deck, aber bis zum Ende der Wache passiert nichts aufregenderes, als die Vorbeifahrt einiger Fischerboote.
Der Anker hielt bombenfest. Das stellten wir nochmal bei einer mühsamen Aufholaktion fest. Der in der Seekarte verzeichnete Ankerplatz ist sehr zu empfehlen.
Es folgte wieder wenig Wind und wir motorten weiter die Ostküste hinauf. Der Himmel zog sich nun auch mit Wolken zu.
Gegen Abend liefen wir auf den kleinen Hafen Taverna (ehem. „Porto di Campoloro“) zu. Die Einfahrt war sehr eng und die Wellen liefen genau drauf zu. Genau zwischen den Mauern setzten wir auf Sand! Starke Motorleistung und die nachfolgenden Wellen trugen uns über die Untiefe hinweg.
Später stellte sich heraus, dass die Einfahrt nach dem Winter noch nicht wieder vollständig in Ordnung gebracht wurde, die einzige Markierung war eine schlecht zu sehende Fischerboje, deren Bedeutung ebenfalls vorher unklar war.
Nach einigen Prüfungen schienen wir jedoch keinen weiteren Schaden davongetragen zu haben.
Wir aßen noch in der Hipster-Kneipe „Flibustier“ im Hafen (sehr zu empfehlen für junge Menschen) und gingen im Anschluss zu Bett.

10. Tag

Wir hatten Zweifel, ob wir problemlos wieder aus dem Hafen kommen würden. Unser Plan war es, ein relativ hohes Hochwasser abzuwarten und durch leichte Krängung (Schräglage) des Schiffs, seinen Tiefgang weiter zu reduzieren.
So legten wir einen Hafentag ein und nutzten diesen für etwas Theorie und einen kleinen Landgang.

Marciana Marina

11. Tag

Um 0500 standen wir auf. Das nächste Hochwasser war um 0708 erwartet und wenige Minuten vorher liefen wir wie geplant aus und schafften es diesmal ohne Probleme wieder aus dem Hafen hinaus. Unser endgültiges Ziel legten wir erst später fest und fuhren derweil an der heute sehr nebligen Küste entlang weiter nach Norden.
Da wir sehr früh waren, fuhren wir gleich weiter nach Elba unter Segel. Ich übte unterwegs Boje-über-Bord-Manöver unter Motor und unter Segel, bis kurz vor Elba der Wind wieder ganz zum erliegen kam.
Wir liefen heute in Marciana Marina, ein sehr gepflegter geräumiger Hafen, ein.

Marciana Marina
Marciana Marina

12. Tag

Der Wind hatte über Nacht stark zugenommen und so beschlossen wir vorerst nicht weiterzufahren. Dadurch verlor ich auch ein Handtuch an die See. Nächstes Mal steh ich auf, wenn ich starken Wind bemerke..
Gegen Nachmittag flaute der Wind wieder etwas ab, aber aus verschiedenen Gründen beschlossen wir trotzdem heute einen Hafentag einzulegen, spannten gut aus und setzten das Training erst am folgenden Tag fort.

Portoferraio

13. Tag

Früh stehen wir heute wieder auf und beginnen ab 0900 mit Hafenmanövern. Gegen Mittag verlassen wir den Hafen und sichten die Flossen einiger Mondfische beim Sonnen.
Es folgt eine kurze Überfahrt nach Portoferraio mit vielen Manöverübungen.
In der Bucht von Portoferraio gehen wir wieder vor Anker und machen einen Ausflug mit dem Schlauchboot zum Hafen.
Der Abend klingt entspannt aus und in der Nacht ist wieder Ankerwache erforderlich.

Die Afrodite vor Anker vor Portoferraio

14. Tag

Ich übernahm wieder die letzte Wache, diesmal von 0430-0700.
Wir brachen zeitig auf und es folgte das bislang anstrengendste Manövertraining. Ich hoffte, dass ich am folgenden Tag noch Schoten ziehen konnte..
Wir blieben in der Bucht von Portoferraio (wo auch die Prüfung stattfinden sollte) und es erwies sich dort für extrem ruhig, was Seegang betraf.
Ich würde keine besseren Prüfungsbedingungen haben können.
Am frühen Nachmittag sicherten wir uns einen Platz im Hafen, putzten das Boot und räumten auf. Danach klang der Tag entspannt aus.

Nach der Prüfung

15. Tag

0800: Tag der Prüfung. Ich bin nervös. Um 1700 müssen wir das Boot wieder am Festland abgeben. Das sind 4h Fahrt. Die Prüfung muss also bis 1300 gelaufen sein. Gefrühstückt haben wir bereits. Ob wir das schaffen?

1000: Der Skipper brachte gegen 0900 die Prüfer gleich mit. Wir waren die Ersten mit zwei Prüflingen.
Wir fuhren einfache Manöver und die Pflichtmanöver. Ich hatte wegen der Winddrehungen nahe des Ufers Probleme mit dem setzen der Segel. Die Nervosität tat ihr übriges. Zwar holprig aber dank der Crew letztlich trotzdem erfolgreich.
Noch die Frage, wie man überprüft, ob der Kompass noch stimme und dir Prüfung war für mich erfolgreich beendet. Die Prüfer setzten während der Fahrt einfach auf ein längsseits kommendes Schiff über und wir änderten den Kurs Richtung Heimathafen.
Dort angekommen packen wir langsam unsere Taschen. Ein netter Mitarbeiter des Vercharterers (lief übrigens alles reibungslos und zuvorkommend, das Schiff erwies sich tatsächlich als vollkommen in Ordnung: Aladarsail) zeigte uns noch auf Wunsch das Nachbarboot, eine verhältnismäßig luxuriös ausgestattete Dufour 460, frisch aus der Werft.
Im Laufe des Nachmittages wurde diese von einer Gruppe Italiener/innen ca. in meinem Alter in Beschlag genommen. Das lautstarke sehr ruppige Ablegemanöver und folgende dringliche Rufe durch den Basemanager über die Mole (Hafenmauer) zu dem darüber noch sichtbaren Mast, ließen mich daran zweifeln, ob dieses werftneue Schiff unbeschadet wieder zurückfinden würde..

Der neue Sportküstenschiffer

16. Tag

Es gibt eigentlich kaum mehr was zu berichten. Die letzte Nacht im Boot war sehr erholsam. Die Übergabe unseres Schiffs erfolgte innerhalb einer halben Stunde völlig Problemlos. Unsere Grundberührung war offensichtlich schadlos geblieben und auch sonst war alles in Ordnung.
Die Heimfahrt war lang, ich war vor Mitternacht wieder zu Hause.

What I’ve learned

Natürlich vieles weitere, aber eine der wichtigsten Lektionen im Führen von Segelyachten war die folgende:
Winschkurbeln sind für Wenden, Halsen und andere Standardmanöver fast völlig überflüssig, wenn der Schiffsführer geschickt den vorhandenen Wind ausnutzt, bzw. ab und zu der Crew eine „Chance“ gibt, indem er kurz anluvt. Das nimmt Druck aus dem Segel und die Schoten lassen sich gut aus der Hand ziehen. Winschkurbeln setzen viel Kraft um und können auch die Segel beschädigen.

Fazit

Die Reise war für mich ein voller Erfolg. Ich habe Korsika besucht und erlebt und meine Seemeilen für den Sportküstenschifferschein gesammelt. Außerdem habe ich die abschließende Prüfung bestanden.
Der Skipper selbst war ein erfahrender Seemann und ich konnte sehr viel lernen. Zudem verstand er es, diese Insel von seinen schönsten Seiten zu zeigen und ich nehme mehr schöne Erinnerungen mit, als ich gehofft hatte.